Antworten auf Argumente von Atheisten

Immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft stehen dem Glauben gleichgültig, skeptisch oder ablehnend gegenüber. Christen sehen sich in ihrer Umgebung zunehmend mit Fragen konfrontiert. Dabei sollen sie „allezeit bereit sein, Rechenschaft zu geben über die Hoffnung, die in ihnen ist“ (1. Petrus 3,15). Die evangelische Nachrichtenagentur idea hat einige Fragen und Einwände zusammengestellt, die man häufig hört im Gespräch mit Menschen, die dem Glauben fernstehen und Rüdiger Gebhardt, Professor für Systematische Theologie und Rektor an der CVJM-Hochschule Kassel, um Antworten gebeten.

An ein unsichtbares Wesen zu glauben ist doch Quatsch! Ich glaube nur, was ich sehe!
Niemand hat je „Liebe“ gesehen. Und trotzdem würde kaum jemand daran zweifeln, dass es sie gibt! Keiner kommt im Alltag ohne Dinge aus, auf die man vertraut, ohne sie gesehen oder nachgeprüft zu haben. Das beweist natürlich nicht, dass es Gott gibt. Aber es widerlegt den scheinbaren Beweis, dass es ihn nicht gibt.

Du glaubst an Gott? Da machst du dir doch was vor! Vielleicht wünschst du dir einen großen unsichtbaren Papa?! Aber das heißt noch lange nicht, dass es den auch gibt!
Klar: Es könnte sein, dass der Glaube an Gott auf den Wunsch von Menschen zurückgeht. Dass sie bloß ihre eigenen Ideen und Träume wie mit einem großen Beamer an den Himmel projizieren. Allerdings könnte eine Ablehnung Gottes genauso auf den Wunsch von Menschen zurückgehen: Vielleicht wollen sie einfach nur unabhängig sein? Oder sie ahnen, wie viel sich in ihrem Leben ändern müsste, wenn es Gott gäbe? Eins steht jedenfalls fest: Wenn ich mir einen Gott nach meinen Wünschen ausdenken würde, dann wäre das vielleicht tatsächlich so ein „unsichtbarer Papa“, ein „Teddybär-Knuddelgott“, der immer da ist, wenn ich ihn brauche, der mir aber ansonsten nicht weiter reinredet in mein Leben. Nur: Das ist nicht der Gott, an den Christen glauben! Christen glauben an einen Gott, der traurig, ja sogar zornig werden kann, wenn Menschen vor ihm weglaufen. An einen Gott, der Menschen aus Liebe nachgeht, ihnen begegnen und sie verändern will. An einen Gott, der Mensch wird! Der in Jesus Hand und Fuß bekommt! Der schließlich sogar für uns stirbt und den Tod überwindet. Mal ehrlich: Wer würde sich denn so einen Gott ausdenken?!

Früher brauchten Menschen Gott, weil sie sich viele Dinge nicht erklären konnten. Heute sind wir aufgeklärt und naturwissenschaftlich gebildet. Wo soll da noch Platz für Gott sein?
Gegen diese Sicht spricht allein schon die Tatsache, dass sich für jede Frage, die durch die Naturwissenschaften beantwortet werden konnte, mindestens zwei neue aufgetan haben. Die wesentlichen Fragen nach dem Woher und Wohin und Wozu, die Fragen nach Sinn, Schuld, Leid und Tod konnten die Naturwissenschaften nie beantworten. Und sie werden es auch nie können, weil sie diese Fragen nicht zum Gegenstand haben! Außerdem könnte man das Argument auch umdrehen und sagen: Je weiter die Naturwissenschaft vordringt, desto plausibler erscheint es, dass es einen Schöpfer gibt. Die Entwicklung der Welt von der Entstehung des Universums bis zum Menschen ist statistisch gesehen dermaßen unwahrscheinlich, dass es schon fast unvernünftig wäre, hier von „Zufall“ zu sprechen. Edwin Grant Conklin (1863–1952), einer der bekanntesten Biologen des 20. Jahrhunderts, hat es auf den Punkt gebracht: „Die Entstehung des Lebens auf der Erde mit dem Zufall zu erklären heißt, von der Explosion einer Druckerei das Zustandekommen eines Lexikons zu erwarten.“

Wo bleiben denn die Beweise für die Existenz Gottes?
Es gibt keine! Zumindest keine, die ein Mathematiker anerkennen würde. Man kann sich allerdings auch fragen, was das denn für ein Gott wäre, dessen Existenz sich mathematisch beweisen ließe?! Aber ist es nicht trotzdem naheliegend, aus der Existenz einer Uhr auf die Existenz des Uhrmachers zu schließen? Und ist es nicht ebenso naheliegend, aus der Existenz der Schöpfung – von der Milchstraße über den Mount Everest bis hin zur DNA – auf die Existenz eines Schöpfers zu schließen? Und wer kennt nicht solche Momente, in denen es unmittelbar einleuchtend erscheint, dass der Sonnenuntergang über dem Meer, das Gletschermassiv, die Geburt eines Kindes oder die Vielfalt der Tiere beim Zoobesuch nicht einfach „Zufall“ sein kann? Dass da ein unwahrscheinlich kreativer, liebevoller Schöpfer dahinterstehen muss? Auch das ist natürlich kein Beweis. Aber solche Erfahrungen können in Menschen trotzdem Gewissheit wecken.

Wenn ich Gott weder sehen noch beweisen kann – wie soll ich dann an ihn glauben?
Weder, dass es Gott gibt, noch, dass es ihn nicht gibt, lässt sich wasserdicht beweisen. Die Entscheidung darüber fällt nicht im Kopf. Auch nicht im Bauch. Sie fällt in unserem Leben! Für Christen ist Gott kein Gedankenkonstrukt und kein höheres Wesen über den Wolken. Sondern Gott ist so sehr von Liebe bewegt, dass er selbst „die Liebe“ genannt wird. Und die Frage, ob ich an Gott glaube oder nicht, ist keine andere als die Frage, ob mich diese Liebe erreicht, ob ich mich für sie öffne, mich auf sie einlasse und von ihr bestimmen lasse. Wir wissen doch, wie das ist mit Liebesbeziehungen: Sie entstehen nicht am Schreibtisch. Auch nicht, indem ich ein Buch über Liebe lese oder darüber diskutiere. Sondern indem ich mich auf den anderen einlasse und ihm einen Vertrauensvorschuss schenke. Wer also wirklich wissen will, ob es Gott gibt, den kann man nur einladen, sich auf ihn einzulassen. Nur mit dem Einsatz des ganzen Lebens wird man das herausfinden. Indem ich mein Herz an ihn hänge. So hat es Martin Luther ausgedrückt: „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“ Und das ist die Frage: Woran hänge ich mein Herz? Worauf verlasse ich mich im Leben und im Sterben? Der christliche Glaube bietet eine Lebensmöglichkeit an, neben anderen, die wir auch haben. Und Lebensmöglichkeiten kann man nur erproben!

Hat nicht jeder seine eigene Wahrheit? Gibt es überhaupt eine objektive Wahrheit? Ist nicht alles relativ?
Das sind ziemlich philosophische Fragen. Und sie kommen in der Regel aus einer philosophischen Richtung, die derzeit ziemlich „hip“ ist und als Kennzeichen der „Postmoderne“ gilt, nämlich aus dem „Konstruktivismus“. Stark vereinfacht sagt ein (radikaler) Konstruktivist: „Es gibt weder eine Wirklichkeit noch eine Wahrheit, sondern nur meine Wirklichkeit und meine Wahrheit. Wahrheit ist immer subjektiv. Der eine konstruiert sich die Wahrheit so und der andere so. Es lohnt sich also nicht, darüber zu streiten.“ Auf Gott angewendet bedeutet das: Der eine konstruiert sich ihn so, der andere anders. Aber auch hier gibt es nichts Objektives. Da ist natürlich etwas dran: Gott ist unserer Wahrnehmung nicht unmittelbar zugänglich. Menschliche Gotteserkenntnis ist immer gebrochen und mitbestimmt durch das, was Menschen mitbringen, durch ihre Kultur und ihre Lebensgeschichte zum Beispiel. Trotzdem halte ich den radikalen Konstruktivismus für einen der großen Irrtümer unserer Zeit. Die Rede von Gott als einem gedanklichen Konstrukt des Menschen ist jedenfalls mit der biblischen Gottesvorstellung ganz und gar unvereinbar: Hier begegnet mir ein Gott, der sehr wohl eine Wirklichkeit außerhalb meiner selbst ist, der Menschen gegenübertritt, der sich ihnen zeigt – und zwar oft ganz anders ist, als sie ihn sich vorgestellt hatten!


Aus: PUR-magazin 8/9-2019, Foto: Simon Lehmann / istockphoto.com